Freitag, 29. März 2013

Essay Zeitungsjunge

Essay

Augenblicke in der Natur

Zeitungsjunge

Ich hätte nie gedacht, dass ich meine – temporäre - Erfüllung mal als Zeitungsjunge finde. Wahrscheinlich der „älteste“ Zeitungsjunge auf dem Globus. Und, gemessen an den Geschwindigkeiten junger Dynamiker, vielleicht sogar eher eine „Zeitungsente“. Halt mit stabilen Schuhen. Meine „Ecco“-Walkingmodelle tragen mich am Südhang von Saint Affrique in ungeahnte Höhen. Höhenmeter. Ich spüre die neidischen Blicke der Himalaya-Kletterer, die ja immerhin mit Sherpas unterwegs sind, während ich mich mit meinem französischen Impressario, einem flotten 60er, durch die südfranzösische Kleinstadt schleppe. Wahrlich kein Eldorado. Schätze kann ich hier kaum heben. Zumindest keine irdischen. Doch tief bücken darf ich mich – wegen der niedrig-hängenden Briefkästen. War hier vormals eine Zwergpudel Zeitungsausträger? Oder testet das fürsorgliche Universum die Gelenkigkeit meiner Hüften und Knie? Soll es ruhig, da ich kraxeln, Treppenlaufen und eben Walking bestens gewöhnt bin, schert´s meine Knochen etc. wenig.
Ich hab´ mir – entgegen meiner Ideale – den Rentnerhügel gewählt, „un Quartier fatigante“, wie der Chef-Distributeur lakonisch anmerkt. Ich sehe die dunklen Holztüren, geschlossenen Fensterläden, gepflegten Vorgärtchen und nehme, mehr aus den Augenwinkeln, denn ich bin ja zum Arbeiten hier, die Baskenmützen und begraute Kahlköpfigkeit hinterm Steuer schneckengleich dahindefilierender Fahrzeuge in gedeckten Farben wahr. „Pas de publicité“ – ein Schild, „bitte keine Werbung“, in zartem Grün, verlangt Aufmerksamkeit. Beachtung. Ja keinen Fehler machen als Zeitungs-Frischling. Der eisige Regen, (warum such´ ich mir den Job im Winter aus…?) angetrieben mit – geschätzter – Windstärke „7“ peitscht mir in Südfrankreich ins Gesicht. Der Südhang wird zur grimmigen Visage – einer Illusion und wohl eher eine Abart des Nordhangs. Was soll´s, die rund 6-8% Steigung läßt´s mir warm werden. Patrick hat sich ins Auto zurückgezogen und prüft würdevoll die Gesamtlage. Rund 600 St.Affricaine (das ist kein Stamm in Benin, das sind Gratis-Zeitungen) und 1.200 Prospectus gilt es zu verteilen. „Also, halte Dich ran“, raunt mein forscher, innerer Schweinehund mir zu.
50 Euro“ flüstert mir derweil mein kritisches Verstandes-Ego ins Gemüt. „50 Euro für einen Tag St.Affricaine“. Ich versuche, die Umrechnung in einen Stundenlohn zu vermeiden, denn der Betrag ist brutto, incl. Fahrtkostenzuschuß. Mein Millionärs-Dasein ist, mit viel Optimismus, im Entstehen begriffen. Kneifen gilt nicht. Nach dem finanziellen Absturz folgt nun die erste Chance zum Geldverdienen und Patrick hilft mir dabei. Uneigennützig. Das verdient Respekt.
Natürlich mit meinem Humor gemischt. Und mit meiner Energie. Er versteht das. Er fühlt, dass ich ihn akzeptiere.
Das ich auch diese Aufgabe akzeptiere. Und ernsthaft wahrnehme. Wenn auch mein Augenzwinkern humorvoll-selbstironische Komponenten hinzufügt.
Bestimmt folgt auf den Eisregen die Sonne. Demnächst. Am nächsten Mittwoch.
Am Südhügel von St. Affrique.
Dann schwitz´ ich unter südlicher Hitze.
Mit meinen Zeitungen.

Sonntag, 17. März 2013

Essay Die Katharer



Essay
Augenblicke in der Natur

Die Katharer



„Die Geister, die ich rief“ mögen die dem Tod geweihten Katharer, die auf der Burg Montsegur bis zum letzten Wassertropfen ausgeharrt hatten, gerufen haben, ehe sie ihre Körper der Natur überantworteten. Wahrlich, diese Geister der Inquisition, wurden von ihnen nicht gerufen; diese Plage, gesandt vom machtgierigen Papst und vom beutegierigen König von Frankreich, bestand aus Söldnern und Adligen, die ihren Einflussbereich erweitern wollten.

Ob diese Katharer tatsächlich den körperlichen „Tod“ einfach hinnahmen oder vielmehr eine Reise in ein lichtvolles Sein antraten, ist nicht sicher überliefert. Zu viele Informationen fraß das Feuer der Inquisition und weiterer unsäglicher Epochen „unter dem Kreuz“.

Die Katharer: Eine „Bewegung“, eine Region in Südfrankreich des 12./13. Jahrhunderts. Ich nenne sie die ersten Atheisten, Freidenker in einer Zeit, wo die (damalige) Kirche alles für sich in Anspruch nahm, ohne jedoch den Anspruch zu besitzen, was mit Gott, Huldigung, Demut und weiteren religiösen Anschauungen zu tun hatte. Ja, auf jeden Bereich des Lebens Einfluss zu nehmen. Es ging um Macht und irdische Besitztümer.

Da waren die Katharer mit ihrer „Naturgeister-Philosophie“, respektive ihrem festen Glauben an das Göttliche in der Natur wie ein Stachel im Fleisch einer eigentlich dekadent-ausschweifenden und doch, nach Außen, keusch-sündenverängstigten Gesellschaft, die eben dem „Einen“ und seinem „Stellvertreter auf Erden“ alles unterordnete und dieses Marketinginstrument mit aller Gewalt auch in die Hirne und Herzen der Menschen zu hämmern versuchte.

Die Liebe zur Natur, zu den Kleinodien, die sich in jedem Regentropfen, jedem Same, jeder Erdkrume verbergen, hatte da keinen Platz.

Auch nicht die Toleranz gegenüber Andersdenkenden, welche die Katharer praktizierten und an ihren Schulen lehrten. Philosophie, Sprachen, Minnesang, ja die Mystik der Kabbala trugen zur „Allgemeinbildung“ bei; der Adel war, in jenen Zeiten eine Ausnahme, literarisch gebildet.

Geistige Freiheit vereinte sich mit kultureller Schaffenskraft und  weltlichem Wohlstand; das Languedoc war ein, für damalige Verhältnisse, blühendes Land. Frauen und Männer lebten in einer gewissen Gleichberechtigung, kirchliches Hierarchiedenken war ihnen genau so fremd wie gewalttätige Auseinandersetzungen.

„Gott ist direkt bei uns – wir haben alle den direkten Zugang zur Schöpfung“ – so könnte ein Glaubenssatz dieser Gnostiker gelautet haben.

Sie nahmen die Natur, wie sie ist und hielten nichts auf die Glorifizierung eines Propheten, der gekreuzigt, also getötet wurde und somit sterblich war. Dadurch entfiel bei ihnen die Akzeptanz des „Übernatürlichen“ zum Zwecke des Machtmissbrauchs. Das missfiel der Kirche des orthodoxen Katholizismus.

Denn wenn alles ganz normal ist, Sterbliche eben sterben, wie kann ich dann das Außergewöhnliche finden, um den Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen? – Eben. Da lag der Punkt.

Und dieser Punkt, diese Aktionen setzen sich, außerhalb der „Kirchen“, bis heute fort. Heute lauten sie „Massenpsychose“, Erzeugung von fortwährenden Sorgen, Angst, „Erlaß“ von Gesetzen, die bereits bestehende Gesetze toppen, sodaß viele „Juristen“ schon gar nicht mehr wissen, was eigentlich gilt. Dieses System der Angst, aufmunitioniert durch Marketingschachzüge wie Schweinegrippe, Klimaerwärmung, „Überfremdung“ etc. durchzieht alle Informationskanäle, Paragraphen, Wissenschaften – und wieder mit dem Ziel der Unterdrückung, (geistiger) Freiheitsberaubung und Geldvermehrung für die, die an den langen und ausgeklügelten (oder ausgeklüngelten) Hebeln der Macht sitzen.

Wir Katharer der Neuzeit, die Indigokinder und die Kristallkinder, die Naturliebhaber und Freigeister, die Anthroposophen und selbstbestimmt Lebenden, haben die Aufgabe, ja das Glück, diesem überkommenen System das letzte Geleit zu geben – den Abgesang und uns auf das Werteprinzip des Neuen, Frischen, Vitalen, des respektvollen und akzeptierenden Miteinander zu freuen.

Freitag, 1. März 2013

Essay Glauben



Ralf Wendling

Essay

Augenblicke in der Natur



Glauben



Meine Wurzeln reichen tief. Tief in die Erde. Mein Fundament ist stark. Die Erdung gibt mir Stabilität und eine Basis für meinen Glauben. In einer (äußeren) Phase des Suchens, der Bedürftigkeit hilft mir die Erkenntnis, das alles, was passiert, mir dient, meiner Entwicklung, meinem Sein. Natürlich will mein Ego, mein Verstand mir Sorge und Not aufzeigen, doch ich schaue lieber auf die Gunst des Augenblicks.

Gerade heute (vielleicht auch morgen) reicht das Brennholz, Hundefutter ist da.

Wir haben eingekauft, somit ist auch unsere Versorgung für diese Woche gesichert.

Die Pferde mögen ihr Heu – der Stall, in unmittelbarer Nähe unseres Häuschens, gibt Sicherheit.

Der Blick zum Friedhof – na ja. Da ich nicht an die christlichen „Lehren“ vom Tod glaube, schaue ich mir die Zypressen- und Granitgeschmückte Etappe zwischen Verweilen und Gehen von Körper und Seele, immer wieder mit Interesse und philosophischen Gefühlen an. Wir glauben an unser Projekt, an unser „Ziel“, daran, das wir jetzt verwirklichen, wofür wir hart gearbeitet, gekämpft, durchgehalten haben.

Wofür wir viele Umwege, Entbehrungen, schmerzhafte Erfahrungen in Kauf genommen haben. Und unser Glaube wird bestärkt durch die wundervollen Menschen, die uns begegnen, durch die Entwicklung, die wir genommen haben, die Hilfe, die Treue unserer Tiere und unsere Gemeinschaft, in der wir leben, fühlen und handeln.

„Weitermachen!“