Montag, 24. September 2012

Essay "Der frohe Floh"


Ralf Wendling
Essay

Augenblicke in der Natur

Der frohe Floh

Er bespringt mich. Er will etwas von mir. Ich höre seinen gierigen, röchelnden Atem ganz dicht bei mir. Dürre Beinchen umklammern mich. Ärmchen und Fingerchen, die sonst höchstens Bleistifte halten können, packen gnadenlos zu. Seine Kiefern bohren sich in meine Haut. Saugend. Lechzend.
Ich wache auf! Warum träume ich immer wieder von Politikern!? – Ist schon wieder Wahl? Wer geht noch hin zur hochgradigen Volksverdummungs-Aktion?
Mein Bein juckt. Der Kerl hat tatsächlich zugebissen. Saugt auch noch den letzten Tropfen aus den Menschen heraus.
Und vermehrt sich rasend schnell. Bei Gefahr: Rückzug in die letzte Ritze. Dann wieder hervorschießen, mit einem Grinsen der gebleckten Zähne. Achtung Kamera! Jetzt gilt´s! – „Ich hab´ zwar nichts zu sagen, doch ich bin präsent. Solange es irgendeinen der Mainstream-Journalisten zu interessieren scheint, lasse ich meine Worthülsen auf die Meute niederprasseln.“
Der Floh saugt. Nicht zu fassen. Impertinent. Er hangelt sich, kaum das ich ihn weggeschnickt habe, sofort wieder hoch. Ein Stehaufmännchen. Irgendeiner der abgehalfterten Allmachtpolitiker würde jetzt sagen:“ Er macht einen guten Job.“
Klar, aussaugen, auspressen, an die Kandarre nehmen; aus den Gelegen werden hurtig die Helfershelfer gezüchtet. So viele sind bereit, den Job zu übernehmen.
Ob die Flöhe organisiert sind? Gibt es dort eine Volksversammlung? Oder ein, nicht vom Volk autorisiertes, sogenanntes Grundgesetz? Einen Verfassungsschutz, der keine Verfassung schützen kann, weil es keine gibt? Und wen schützt er dann? Oder gegen wen arbeitet er dann? Hm, gibt es Finanzämter? – Nun, beim Thema „Aussaugen“…
Welche Gegenleistung bietet der Floh? Trägt er zu irgendeinem sozialen, ökologischen, gar ethischen Ziel bei?
Oder ist er nur sich selbst verantwortlich, seinem Hunger, seiner Gier, seinem Machtanspruch? Machiavelli und die Flöhe – könnte man mal eine Parabel schreiben. Vielleicht gibt es im Flohstaat auch Orden? Für imaginäre Leistungen, wie Abzocken bei denen, die eh´ nichts mehr haben? Oder für Unterstützung dauer-kriegführender Nationen? Ich sehe schon die ordenbehangenen Flöhe in Israel und Amerika.
Mein kleiner Floh an meinem Bein ist jedenfalls aktiv. Er kämpft seinen eigenen Kampf. Ich spüre es. Ich fühle seine Nähe. Hautnah. Ich werde ihm einen Namen geben: Gerhard? Siegmar?, Henoch? Oder gar Peer? Warum eigentlich immer männlich? Angela, why not?
Der winzige Kerl saugt. Beißt. Nervt.
Da zerdrücke ich ihn mit meinem Fingernagel.

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