Ralf
Wendling
Essay
Augenblicke
in der Natur
Der frohe Floh
Er bespringt mich. Er will
etwas von mir. Ich höre seinen gierigen, röchelnden Atem ganz dicht bei mir.
Dürre Beinchen umklammern mich. Ärmchen und Fingerchen, die sonst höchstens
Bleistifte halten können, packen gnadenlos zu. Seine Kiefern bohren sich in
meine Haut. Saugend. Lechzend.
Ich wache auf! Warum träume
ich immer wieder von Politikern!? – Ist schon wieder Wahl? Wer geht noch hin
zur hochgradigen Volksverdummungs-Aktion?
Mein Bein juckt. Der Kerl
hat tatsächlich zugebissen. Saugt auch noch den letzten Tropfen aus den
Menschen heraus.
Und vermehrt sich rasend
schnell. Bei Gefahr: Rückzug in die letzte Ritze. Dann wieder hervorschießen,
mit einem Grinsen der gebleckten Zähne. Achtung Kamera! Jetzt gilt´s! – „Ich
hab´ zwar nichts zu sagen, doch ich bin präsent. Solange es irgendeinen der
Mainstream-Journalisten zu interessieren scheint, lasse ich meine Worthülsen
auf die Meute niederprasseln.“
Der Floh saugt. Nicht zu
fassen. Impertinent. Er hangelt sich, kaum das ich ihn weggeschnickt habe,
sofort wieder hoch. Ein Stehaufmännchen. Irgendeiner der abgehalfterten
Allmachtpolitiker würde jetzt sagen:“ Er macht einen guten Job.“
Klar, aussaugen, auspressen,
an die Kandarre nehmen; aus den Gelegen werden hurtig die Helfershelfer
gezüchtet. So viele sind bereit, den Job zu übernehmen.
Ob die Flöhe organisiert
sind? Gibt es dort eine Volksversammlung? Oder ein, nicht vom Volk
autorisiertes, sogenanntes Grundgesetz? Einen Verfassungsschutz, der keine
Verfassung schützen kann, weil es keine gibt? Und wen schützt er dann? Oder
gegen wen arbeitet er dann? Hm, gibt es Finanzämter? – Nun, beim Thema
„Aussaugen“…
Welche Gegenleistung bietet
der Floh? Trägt er zu irgendeinem sozialen, ökologischen, gar ethischen Ziel
bei?
Oder ist er nur sich selbst
verantwortlich, seinem Hunger, seiner Gier, seinem Machtanspruch? Machiavelli
und die Flöhe – könnte man mal eine Parabel schreiben. Vielleicht gibt es im
Flohstaat auch Orden? Für imaginäre Leistungen, wie Abzocken bei denen, die eh´
nichts mehr haben? Oder für Unterstützung dauer-kriegführender Nationen? Ich
sehe schon die ordenbehangenen Flöhe in Israel und Amerika.
Mein kleiner Floh an meinem
Bein ist jedenfalls aktiv. Er kämpft seinen eigenen Kampf. Ich spüre es. Ich
fühle seine Nähe. Hautnah. Ich werde ihm einen Namen geben: Gerhard? Siegmar?,
Henoch? Oder gar Peer? Warum eigentlich immer männlich? Angela, why not?
Der winzige Kerl saugt.
Beißt. Nervt.
Da zerdrücke ich ihn mit
meinem Fingernagel.
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