Und wieder Thilo Sarrazin. Der Mann rührt sich und bewegt etwas.
Da kommen sogar die altvorderen Pseudoherrscher in Not. Ich würde das gerne mal "moderieren", da kämen sicher noch viel tiefergehende Wahrheiten ans Licht. Doch das will man ja nicht. Ob Herr Jauch schon geblickt hat, mit welchen Typen er es bei Steinbrück und Konsorten zu tun hat?
Hier via Kopp-Verlag einige Anmerkungen:
Eva Herman
Thilo Sarrazin hat ein neues Aufreger-Buch geschrieben: Europa braucht den Euro nicht. Schon
vor dessen Veröffentlichung schlugen die Wellen hoch: Empörte Proteste
unserer Politiker-Gutmenschen, die entsetzt auf die Einladung Sarrazins
in die gestrige ARD-Sendung »Günther Jauch« reagiert hatten. Denn
Sarrazin bringt Vergleiche aus dem Dritten Reich in die Debatte ein, und
das geht ja bekanntlich »gar nicht«. Am gestrigen Abend trafen sich
dennoch der Bilderberger und wahrscheinliche SPD-Kanzlerkandidat Peer
Steinbrück und der Euro-Skeptiker Thilo Sarrazin in der ersten Reihe des
öffentlich-rechtlichen Fernsehens zum Live-Duell. Eine Sternstunde.
Ex-Bundesbankvorstand und SPD-Parteimitglied Thilo Sarrazin
beschreibt in seinem neuen Buch die Lebenslügen der kriselnden
»Gemeinschaftswährung« und widerlegt vehement das inzwischen berühmte
Merkel-Schlagwort »Scheitert der Euro, scheitert Europa.«
Und es scheint so etwas wie ein bisschen neuer Mut über die deutsche
Journalistenszene gekommen zu sein, ein Mut, den möglicherweise auch die
Bürger im Land durch beharrlichen
Widerspruch
herausgefordert haben: Die Massenmedien schweigen oder schreien nicht
mehr zu Sarrazin, sondern sie müssen sich mit dessen »umstrittenen«
Thesen, die in Volkes Seele meist die Mehrheit genießen, langsam etwas
sachlicher auseinandersetzen.
Vielleicht aber sollte der einzige Gegenpart an diesem Abend, Peer
Steinbrück, einfach auch nur durch die Hintertür als SPD-Kanzlerkandidat
salonfähiger gemacht werden? Das dürfte nach Ablauf der einstündigen
Sendung jedoch deutlich misslungen sein.
Natürlich ist es eine Frage von Quote und Auflage: Wer Thilo Sarrazin
und sein neues Buch zu seinem Debattenthema macht, darf sich höchster
Aufmerksamkeit gewiss sein. Und da beschäftigt man sich notgedrungen
auch schon einmal mit dem provokanten, angeblichen Zusammenhang zwischen
der Euro-Einführung und der »Buße für den Holocaust und den Weltkrieg«.
Doch dazu später.
Der ehemalige Bundesbankvorstand widerspricht in seinen Büchern dem
herrschenden Mainstream laut und unnachgiebig und scheut sich nicht,
das, was viele Bürger denken, kompromisslos auszusprechen: Ob es um die
»Integrations-« oder auch um die »Euro-Lüge« geht. So auch gestern Abend
um 21:45 Uhr im
Ersten Deutschen Fernsehen. Dem seit letzten
Jahr weitgehend stigmatisierten Thilo Sarrazin wurde gestern der teuere
rote ARD-Teppich ausgerollt, von Starmoderator Günter Jauch
höchstpersönlich.
Mit stolzgeschwellter Brust textet Jauch die Sendung unter dem
Hinweis an, dass es bereits im Vorfeld wütende Proteste bundesdeutscher
Politiker gegeben habe. Fast trotzig schaut er, als er dann anfügt: »Wir
finden aber: So eine Diskussion muss möglich sein. Thilo Sarrazin
contra Peer Steinbrück im Live-Duell im Gasometer!«
Die Regie zeigt Live-Bilder, die zeitgleich vor dem Studio
aufgenommen werden: Dort halten ein paar Demonstranten Spruchplakate in
die Höhe, auf denen sie ihren Unmut darüber zum Ausdruck bringen, dass
die ARD einen wie den Sarrazin überhaupt vor die Kamera holt: »Halt‘s
Maul, oder wir schlagen zurück«, steht da zu lesen.
Jauch zitiert mit etwas besorgtem Unterton den SPD-Politiker und
Präsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Reinhold Robbe, der
Sarrazins Euro-Thesen als »schwachsinnig« bezeichnet hatte. Auch die
Grüne Renate Künast, die stets fast diktatorisch jegliche lebendige
Diskussion unterdrücken will und Sarrazin gleich wieder in die rechte
Ecke schiebt, wird mit ihrer dringenden Mahnung zitiert, ein
»nationalistischer Unsinn« wie der von Sarrazin passe nicht in den
öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrag. Auch CDU-Finanzminister Schäuble
wird von Jauch erwähnt: Dieser bezeichnet die Sarrazinthesen als
»himmelschreienden Blödsinn«, der Minister unterstellt Sarrazin dabei
entweder »Überzeugung« oder ein »verachtenswertes Kalkül«.
So! Damit hat Jauch jetzt den politisch korrekten Anforderungen
zunächst Genüge getan und die Liste einiger öffentlicher Gegenstimmen
abgehakt, und nun geht’s los. Der ARD-Moderator will wissen, ob Sarrazin
sich vor zehn Jahren »so gar nicht über die Einführung des Euro gefreut
habe«?
Er sei gespalten gewesen, sagt das SPD-Mitglied Sarrazin und weist darauf hin, dass er als
Beamter
des Bundesfinanzministeriums in der Anfangsphase »dabei gewesen« sei.
Weil er jedoch wisse, wie Politik und Geschichte funktionierten, sei er
eher skeptisch gewesen. Sarrazin sei aber auch von dem »Projekt
fasziniert« gewesen, gibt er ehrlich zu und nennt sein 1998 erschienenes
Buch
Der Euro, Chance oder Abenteuer?, in welchem er die
voraussichtlichen Schwierigkeiten des Euro in der Zukunft ebenso
beschrieben hatte, wie er auch die Situation der Euro-Krisenländer in
diesem Buch bereits vorwegnahm. Sarrazin erklärt gegenüber Jauch, bis in
die Jahre 2006/2007 sei er dann der Meinung gewesen, dass der Euro sich
doch ganz gut »zurechtlaufe«.
Jauch führt das Gespräch straff, fällt öfter ins Wort, die
redaktionell ausgearbeiteten Punkte müssen schließlich abgearbeitet
werden, denn der große Klotz von Holocaust und Weltkrieg wartete
schließlich auf Erörterung. Der Moderator kündigt einen Einspieler an,
in welchem Thilo Sarrazin und sein »Aufregerbuch« erneut thematisiert
werden, frei nach dem Motto: Wenn schon Skandal, dann richtig! Mitten in
der schwersten Krise des Euro streue Sarrazin mit seinem neuen Buch
Salz in die Wunde, heißt es da. Sarrazins Hauptthese: »Ökonomische
Vorteile, die durch Daten und Fakten belegbar wären, hat die gemeinsame
Währung in den ersten dreizehn Jahren ihres Bestehens nicht gebracht«.
Weiter wird Sarrazins Buch zitiert: »Die Vorteile, die wir durch den
Euro gehabt haben, sind Scheinvorteile gewesen!« Deutschen Wohlstand und
Aufschwung hätte es auch ohne Euro gegeben. Man habe mit dem Euro die
politische Union erzwingen wollen. »Wenn geplant war, den Euro als ›Band
der europäischen Völker‹ zu benutzen, das den Zusammenhalt fördert, so
ist das Gegenteil eingetreten«.
Über die zum Teil tatsächlich sehr unterschiedliche Mentalität,
Kultur und Tradition der Euro-Länder gibt es in dem neuen Sarrazin-Buch
ebenso zahlreiche Aussagen, die in dem ARD-Beitrag als »Klischees« und
später von Peer Steinbrück als »bizarr« zerpflückt werden. Bei Sarrazin
heißt es, die wirtschaftlichen Probleme der Griechen seien »tief in der
Mentalität und den Traditionen der griechischen Gesellschaft
verwurzelt«. Zu Italien bemerkt er in dem Anti-Euro-Buch: »(…), dass
vorausplanendes Nachdenken und rationale Argumentation nicht die
wesentliche Triebfeder dieser Gesellschaft« seien. Ist das wirklich
alles so falsch?
Er schüre Vorurteile, heute wie damals, als er das Buch
Deutschland schafft sich ab
veröffentlicht habe, heißt es in dem Jauch-Einspieler weiter. Sein
Bestseller über Deutschlands Migrationsprobleme spalte schließlich ganz
Deutschland.
Merkwürdig ist dabei nur, dass alle dazu
veröffentlichten Umfragen ganz
andere Ergebnisse
zutage gebracht haben: Zwischen 80 und 95 Prozent der deutschen Bürger
sind hier in Wirklichkeit auf Sarrazins Seite, was auch der
Millionen-Absatz seines Buches beweist. Man fragt sich, wer in der
ARD-Jauch-Redaktion für diese Recherche zuständig war, Volontäre
vielleicht? Vor allem, weil Moderator Jauch wenig später eine eigene
Dimap-Infratest-Umfrage präsentiert, nach der sich 49 Prozent der
Deutschen aktuell gegen die Euro-Einführung aussprechen, ebenso wird
Jauch später den Ex-Kanzler Helmut Kohl mit den Worten zitieren, dass
bei einer möglichen Volksbefragung zur Euro-Einführung wohl etwa siebzig
Prozent der Bürger sich DAGEGEN ausgesprochen hätten.
Von einer Spaltung Deutschlands kann da wohl kaum die Rede sein, vielmehr sind sich die
Deutschen
weitgehend einig, ganz im Gegensatz zu den Mainstreammedien und vielen
Politikern, die sich ihre eigene Wahrheit zurechtzuzimmern suchen. Wie
lange wohl noch?
Jauch richtet nun mit sorgenvoller Miene die Frage an Peer
Steinbrück, der das neue Sarrazin-Buch komplett gelesen haben will, ob
die Aufregung darüber gerechtfertigt sei. Steinbrück räumt aber erst
einmal mit Vorurteilen über seine eigene Person auf, ohne auf die Frage
einzugehen: Er säße nicht, wie sein Nachfolger, Bundesfinanzminister
Schäuble, behaupte, in dieser umstrittenen Sendung, weil er seine
Chancen auf eine SPD-Kanzlerkandidatur positiv beeinflussen wolle.
Sondern er säße alleine deswegen dort, weil er Thilo Sarrazin und dessen
zum Teil fundamentalen Fehleinschätzungen widersprechen wolle,
rechtfertigt er sich. Dazu kommt es aber dann nicht mehr, weil der
Star-Moderator ihm das Wort abschneidet und sich wieder Sarrazin
zuwendet.
Er will wissen, ob es bis heute ohne den Euro und mit der D-Mark
besser gelaufen wäre, worauf der Ex-Bundesbankvorstand klarstellt, dass
er sich gegen die Merkel-Aussage stelle: »Scheitert der Euro, dann
scheitert Europa«. Das mache den Menschen Angst und sei sachlich falsch.
Er, Sarrazin, sei überzeugter Europäer. So glaube er auch an
europäische Integration. Allerdings definiere er Europa über drei
Elemente: Frieden und Freiheit, Wohlstand und Arbeit für alle, die
arbeiten wollten. Für diese drei wichtigen Voraussetzungen sei
allerdings eine Gemeinschaftswährung nicht notwendig, ebenso wenig wie
für den deutschen Export.
In einem erneuten Einspieler, der durch schwergewichtige Zeugen einen
weiteren Beeinflussungsversuch der öffentlichen Meinung zu nehmen
sucht, die deutsche Wirtschaft brauche den Euro unbedingt, beschwört der
DIHK-Vorsitzende Martin Wansleben die Vorteile der
»Gemeinschaftswährung«, und an genau einem einzigen Beispiel, dem des
Unternehmens Nordzucker, wird die gesamte deutsche Wirtschaft
festgemacht. Tenor: Alles in Butter auf‘m Kutter!
In den vom Anklatscher forcierten Applaus ruft Günther Jauch Thilo
Sarrazin zu: »Kennen Sie irgendeinen DAX-Vorstand, der das anders
sieht?« Und um klar zu machen, welche Antwort er erwartet, fügt Jauch
an: »Ich kenn‘ keinen!«
Na ja, und dann erfolgt so etwas wie ein Schlagabtausch zwischen
Steinbrück und Sarrazin, den zweiter klar gewinnt: Steinbrück bezeichnet
den Euro und die europäische Integration vehement als »Glücksfall«! Er
wirft Sarrazin Geschichtsblindheit und -vergessenheit vor, Deutschland
verdanke der Integration nach 1949 schließlich die Aufnahme in die
westliche Völkergemeinschaft, ebenso den Wiederaufbau und die
Demokratie. Und letztlich auch die Wiedervereinigung. Daraus
resultierten allerdings Verpflichtungen, so der Bilderberger Steinbrück
im Brustton der Überzeugung, eine europapolitische Verantwortung. Ein
Rückschritt zur nationalen Währung würde unweigerlich zur
Destabilisierung Europas führen.
Schnitt auf Thilo Sarrazin: Steinbrück sei ein guter Redner und
»mache das schön«, lobt dieser den SPD-Genossen. Allerdings bleibe bei
einer Untersuchung seiner Aussagen »nichts übrig«. Sarrazin habe es sich
mit seinem Buch und den Untersuchungen wahrlich nicht leicht gemacht.
Der große Erfolg der europäischen Integration habe BIS zur Einführung
des Euro stattgefunden. Frieden, Freiheit, Wohlstand, Wachstum,
Handelsintegration seien also DAVOR initiiert worden. Seit der
Gemeinschaftswährung desintegrierten sich die Länder vielmehr. Er nennt
Schweden, die Schweiz
oder
Großbritannien, Länder ohne Euro, die wesentlich stärker wuchsen als
Deutschland. Der Euro habe keine Vorteile gebracht und nun entwickelten
sich wachsende Risiken, für die Süd- und Westländer bringe die Währung
wachsende Nachteile. Vor allem stifte der Euro Unfrieden, wie man
deutlich erkennen könne.
Dass Peer Steinbrück im Zusammenhang mit der Euro-Einführung immer
wieder auf 1945 zurückkommt, und immer wieder die Verantwortung
Deutschlands für die »Katastrophen des zwanzigsten Jahrhunderts«
hervorhebt, dürfte der öffentlich erhitzten Vorabdiskussion über
Sarrazins These der »Holocaust-Buße« geschuldet gewesen sein.
Erläuterungen und Begründungen dazu liefert Steinbrück jedoch nicht,
nur, dass »der Euro eine wichtige Rolle« spiele, betont der SPD-Mann
mehrfach. Die Abschaffung des Euro und eine damit verbundene
Re-Nationalisierung würde jedoch unweigerlich zu »sehr dumpfbackigen und
sehr nationalistischen Tönen führen, für die es in einigen europäischen
Ländern auch schon Parteien« gebe. Diese Gefahr blende Sarrazin
vollständig aus, so der entschiedene und politisch sehr korrekte
Widerspruch Steinbrücks.
Und dann kommt der Moment, der im Vorfeld schon für die
hochschlagenden Emotionen sorgte, das umstrittene Sarrazin-Zitat: »In
der deutschen Politik votieren Vertreter von SPD, Grünen und der
Linkspartei mehrheitlich für Euro-Bonds.« Diese Politiker seien
getrieben »von jenem sehr deutschen Reflex, wonach die Buße für
Holocaust und Weltkrieg erst endgültig getan ist, wenn wir alle unsere
Belange, auch unser Geld, in europäische Hände gelegt haben«.
Steinbrück zeigt seine in diesem Moment natürlich erforderliche
Empörung: »So geht das nicht!«, geht er sofort dazwischen und erinnert
in diesem Augenblick fatal an die ebenso entrüstete Margarete
Schreinemakers und den noch aufgebrachteren Johannes B. Kerner, die im
Oktober 2007 in der Autobahndebatte in der berühmten Kerner-Sendung
erbost pumpten: »Autobahn geht gar nicht!«
Man kann Thilo Sarrazin wirklich dankbar sein für derartige
notwendige Provokationen, wird dadurch doch der von ihm beschriebene
Reflex der empörten Gutmenschen immer deutlicher, denen schon alleine
die Nennung eines Begriffs aus dieser üblen Zeit genügt, um
unmissverständlich klarzumachen: Das geht gar nicht!
Doch wie soll ein Volk jemals wieder zu so etwas Ähnlichem wie
Selbstbewusstsein gelangen, wenn die Wurzel der Krankheit nicht einmal
erwähnt, geschweige denn aufgearbeitet werden darf?
Günther Jauch ist ein alter Hase, und auch wenn er in den letzten
Jahren seinen bundesdeutschen Ruhm eher durch eine heitere Quizsendung
bei RTL begründete, so ist er dennoch Journalist genug, um diesen Fall
jetzt seriös verhandeln zu wollen. Also versucht er, den Autor Sarrazin
ebenso zu provozieren: »Betreiben wir eine Art modernen Ablasshandel für
den Massenmord im Dritten Reich?«, fragt er Sarrazin.
Dieser verweist auf die »sehr berührende Rede von Helmut Schmidt beim SPD-Parteitag«, der
genau
»diesen Vergleich« gezogen habe: Zwischen »unserer Schuld am Zweiten
Weltkrieg und dem Holocaust bis hin zur Verpflichtung auf die
europäische Integration«.
Sarrazin unterscheide in seinem Buch drei Dinge:
Erstens: Hat der Euro für uns wirtschaftliche Vorteile? Und wenn ja,
was sind die Garantien beziehungsweise Vorteile? Zweitens: Ist der Euro
ein geeignetes Mittel, um die europäische Integration zu befördern? Und
der dritte Punkt laute in etwa: Soll die deutsche Schuld aus der
Vergangenheit, aus der Nazi-Diktatur und dem Völkermord ein Argument für
eine Gemeinschaftswährung sein? »Und ich sage nein: Das kann kein
Argument für eine gemeinsame Währung sein!«
Sarrazin plädiert für die Trennung zwischen der deutschen Schuld und
einer Gemeinschaftswährung. Dass Deutschland jetzt auch noch die
Schulden anderer Länder übernehme, sei gleich gar nicht einzusehen.
Der mögliche SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück beißt sich im weiteren
Verlauf der ARD-Sendung die Zähne an dem zähen Sarrazin aus. Er
beschwört fast hilflos den Euro, warnt vor dessen Scheitern, vor großen
Unruhen und Not. Steinbrück versäumt es jedoch zu betonen, dass vor
allem MIT dem Euro dieses Elend ins europäische Haus gekommen ist, wie
bereits in Griechenland, Spanien, Portugal, Italien klar ersichtlich.
Steinbrück versäumt ebenso, die Alternativen aufzuzeigen, die schon seit
Jahren von den berühmten Euro-Kritikern Prof. Karl Albrecht
Schachtschneider oder Prof. Wilhelm Hankel vorgeschlagen werden: wieder
mehr nationale Identität und Rechte der Völker, deren Anrechte auf
eigene Merkmale von Kultur und Tradition, Erhaltung der Gegensätze unter
Rücksichtnahme auf die unterschiedliche Wirtschaftskraft zwischen Nord-
und Südeuropa. Über all das spricht der ehemalige Bundesfinanzminister
und Euro-Schwärmer nicht. Er verliert des Öfteren den Faden, am Ende
der Sendung fehlen ihm die Argumente weiteren Widerstands.
Wer mehr über die »umstrittenen Thesen« Thilo Sarrazins erfahren
möchte, über die Unterschiede zwischen romanischem und germanischem
Finanzstil, über den Zusammenhang der Weltdepression und der Euro-Krise,
über Sarrazins Einschätzung zum Fiskalpakt, zum ESM und den Eurobonds,
und wie der Autor sich das künftige Europa und das künftige Deutschland
ohne den Euro vorstellt, der sollte einfach dessen neues Buch lesen.
Passenderweise ist es ab heute
hier erhältlich.
Die ersten
Empörungsrufe
nach der Jauch-Sendung gibt es übrigens auch schon. Vor allem die Roten
und Grünen entrüsten sich und benutzen nach alter Manier das, was
bislang immer am besten funktionierte, um ein Mitglied dieser
Gesellschaft zu verunmöglichen: Die Nazikeule. So bezeichnete
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin die Sarrazin-Standpunkte als
»erbärmlich« und sprach von »D-Mark-Chauvinismus«. Auch rutsche Sarrazin
immer weiter nach rechts ins Abseits. Es sei erbärmlich, dass er den
Holocaust heranziehe, um seinen Thesen zu Eurobonds größtmögliche
Aufmerksamkeit zu sichern, so Trittin.
Der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, Volker Beck, konstatierte,
wäre er Sozialdemokrat, würde er »diesen Hetzer nicht in meiner Partei
dulden«. Offenbar könne Sarrazin den Juden den Holocaust nicht
verzeihen«, so Beck. In ein ähnliches Horn stieß der
SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider, er nannte Sarrazins Eurokritik
nationalistisch und reaktionär. Der schleswig-holsteinische
SPD-Landeschef Ralf Stegner forderte Sarrazin zum Parteiaustritt auf.
In den Medien liest man heute, nach Jauch, ebenso die üblichen
Bezeichnungen für Abweichler der veröffentlichten Meinung: Keine Ahnung,
eiskaltes Kalkül, Brandbeschleuniger, oder, um es mit dem
Steinbrück-Zitat auszudrücken: Alles Bullshit. Doch läuft alles
erheblich verhaltener ab als im Sommer 2010, als Sarrazin sagte:
Deutschland schafft sich ab.
Wer sich jedoch ein Bild über Volkes Meinung machen will, der sollte
einfach die zahlreichen Kommentare durchlesen wie zum Beispiel bei
Welt-oder
Focus-Online.
Hier wird deutlich, dass die Menschen im Land längst Bescheid wissen
über unsere Politiker und deren Pläne und Ziele. Und über den Euro, der
nach Ansicht vieler längst schon tot ist. Wie heißt es in einem
Kommentar? Heile Euro-Welt? Lächerlich!
Auch wenn man nicht in allen Punkten mit ihm übereinstimmen muss: Wir
sollten Thilo Sarrazin dankbar sein für diese so notwendige und endlich
auch öffentlich in Gang gesetzte Diskussion über den Euro und über
Deutschlands ganz spezielle Rolle in diesem merkwürdigen Spiel.